Der King der Küche

Zena · Affoltern am Albis · Schweiz

Günstig wie kein anderer Designklassiker und in seiner Einfachheit genial: der Sparschäler Rex ist weltberühmt. Ein Besuch bei Zena in Affoltern am Albis.

Porträt von franziska · Fotos Peter Lorenz · 1. Oktober 2015

Was wurde nicht schon über ihn geschrieben und gedichtet. Ganze Sammlungen feuilletonistischer Texte gibt es über den Schweizer Sparschäler Rex. Weltweit hat er Fans, 2004 schaffte er es als Motiv auf die Schweizer Briefmarke und wenig später sogar ins New Yorker MoMA. Über 60 Millionen Mal wurde er bereits gefertigt, Rex ist auf dem halben Globus erhältlich und in zahlreichen Designklassiker-Büchern verewigt. In Super Normal, dem weltberühmten Nachschlagewerk für schlichte Objekte mit Kult-Charakter, schreibt der britische Star-Designer Jasper Morrison: „Nichts an dem Werkzeug ist protzig – ein klassisches Beispiel, wie man viel mit wenig erreicht“. Und in Affoltern am Albis unweit von Zürich, dort also, wo bislang jeder Rex entstand, fragt man: „Jasper wer?“

Zena Schäler Rex

Ein Neubau auf einem beschaulichen Industriehof an einem heißen Morgen im Juni. Peter Newec, Brille, blaues Hemd, schwarze Jeans, ist der Enkel des Rex-Erfinders, seit neun Jahren führt er die Zena AG in dritter Generation. Er ist ein zurückhaltender, höflicher Mann, der ruhig spricht, während er durch die Hallen seiner Fabrik führt. Er sagt: „Einige Bücher über den Rex besitze ich schon, aber sicher nicht alle. Ich bin ja mit dem Produkt aufgewachsen, für mich ist der Rex etwas Alltägliches – da ist es schwer nachvollziehbar, warum er in Designerkreisen solchen Anklang findet.“

„Einige Bücher über den Rex besitze ich schon, aber sicher nicht alle. Für mich ist er etwas Alltägliches – da ist es schwer nachvollziehbar, warum er in Designerkreisen solchen Anklang findet.“

– Peter Newec

Diese Designerkreise schwärmen von der simplen wie genialen Machart des kurvigen Haushaltprodukts. Nur wenige Arbeitsschritte und insgesamt sechs Einzelteile sind vonnöten, um das rasierklingenscharfe Kult-Objekt aus Aluminium zu produzieren. Dieses ist federleicht und bei richtigem Gebrauch ewig haltbar.

Rex – der günstige Designklassiker

Ewig ist es her, dass Alfred Neweczerzal, Peter Newecs Großvater, den Sparschäler Rex im Jahr 1947 erfand. Seitdem wurde das Produkt weder verändert noch verbessert, auch der Preis blieb mit knapp zwei Schweizer Franken ungewöhnlich konstant und für einen Designklassiker auch ungewöhnlich günstig. Nur der Nachname der Gründerfamilie änderte sich irgendwann: aus Neweczerzal wurde Newec – ganz einfach, „weil sich das besser buchstabieren lässt“, erklärt Peter Newec nüchtern.

Alfred Neweczerzal war Sohn böhmisch-amerikanischer Einwanderer und Handelsreisender. Ihm genügte es nicht, Produkte anzubieten, die jeder hatte – er wollte die Dinge exklusiv. Also erfand er sie: Haushalts- und Küchengeräte, darunter ein Milchsieb und ein Krawattenspanner – und der Rex. Der Legende nach soll Alfred Neweczerzal im Militärdienst gewesen sein, als er eines Abends Kartoffeln schälte, auf den kostbaren Abfall vor sich blickte und dachte: Das geht so nicht! Nur kurze Zeit später patentierte er den Sparschäler Rex.

Natürlich wurde das Produkt nicht auf Anhieb als Design-Ikone gefeiert – dafür aber als neue Freiheit für die Frau. „Das wurde damals wirklich so empfunden – das Schälen war eine aufwändige und nicht ganz ungefährliche Arbeit“, sagt Peter Newec. Eine Arbeit, die vorrangig den Frauen vorbehalten war. „Der Rex machte diese effizienter, sparsamer und sicherer“. Noch heute wird der Schäler oft in Kindergärten eingesetzt, damit sich keiner verletzt.

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Und so trat Rex seinen weltweiten Siegeszug an: über Europa in die USA bis in die Arabischen Emirate. 60 Prozent des Umsatzes wird bei Zena heute durch den Export erwirtschaftet. Nur in Deutschland, da will sich der Küchenhelfer nicht so richtig durchsetzen: „Der deutsche Markt ist voll von Schnäppchenjägern“, sagt Newec. „Das ist schon komisch, obwohl wir die gleiche Sprache sprechen, ist das Produkt dort nicht wirklich Thema“. Solch einen Sparschäler, den gibt es eben meist auch in der wenige Cent günstigeren Variante.

Liebesbriefe für Rex, den Gemüseschäler

Nur ob die dann so viele Jahrzehnte durchhält, wie es der Rex erwiesenermaßen schon tat? Kürzlich erhielt Peter Newec einen Brief. Ein älterer Herr schrieb darin, sein Rex sei nun definitiv kaputt. Er habe ihn zu seiner Hochzeit erhalten, 1947. „Da habe ich ihm einen vergoldeten Rex geschickt – aus unserer Sonderedition anlässlich des 70. Jubiläums“, sagt Newec. Gar nicht so selten erhält er solche Post. Neulich schrieb ihm eine Amerikanerin. Sie schwärmte, dies sei ihr glücklichster Tag. Man habe ihre Küche ausgebaut – und da lag er dann, ihr seit vielen Jahren vermisster Rex!

„Wir feiern die Erfolge hier antizyklisch. Wenn die Wirtschaft gut läuft, gehen die Menschen essen. Wenn nicht, schälen sie Kartoffeln.“

– Peter Newec

Es sind Geschichten wie diese, die Peter Newec zeigen, dass er es tatsächlich mit einem Kult-Objekt zu tun hat. Auch wenn schon 1987 das erste Buch erschien, das dem Rex diesen Status zusagte – „Unbekannt-Vertraut“ vom Züricher Museum für Gestaltung –, sagt Newec: „Erst die Briefmarke überzeugte mich wirklich, dass wir eine Design-Ikone geschaffen hatten“. Er sei doch von Haus aus Maschinenbauingenieur, sagt er in fast entschuldigendem Ton, und Marketing daher eigentlich nicht so sein Thema.

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Macht nichts, der Rex hat Konjunktur, seit 1947 schon. Das vergangene Jahr war das beste der Firmengeschichte. Aktuell macht jedoch der Wechselkurs der Firma zu schaffen. Die Gewinnmarge war immer gering, durch die Aufwertung des Schweizer Franken zahlt das Unternehmen bei manch wichtigem Kunden mittlerweile drauf: „Ich will die ja nicht verlieren!“, sagt Newec. Blickt man auf die aktuelle wirtschaftspolitische Lage in Europa, könnte es jedoch passieren, dass König Rex mal wieder glorreiche Zeiten vor sich hat: „Wir feiern die Erfolge hier antizyklisch“, sagt Newec. „Wenn die Wirtschaft gut läuft, gehen die Menschen essen. Wenn nicht, schälen sie Kartoffeln.“